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Die Exkursion „Zieh ins Land“ führte ins Hafenlohrtal und zu einer Bio-Schäferei mit Wasserbüffeln in Bergrothenfels

Die Sonne schaute aus den Wolken, als wir uns in Lichtenau im Hochspessart vor der kleinen Kapelle trafen. Silvia Weisenberger hatte eine schöne Andacht vorbereitet. Zu der konnte KLB-Diözesanvorsitzender Stefan Oppmann auch Sebastian Schönauer begrüßen. Er ist „Mann der ersten Stunde und Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Hafenlohrtal (AGH), der uns sehr kompetent durch das Hafenlohrtal führte. Leider waren es diesmal nur 15 Teilnehmer*innen, die informative und sehr gut vorbereitete Exkursion hätte mehr Interesse verdient.

Schönauer stellte gleich den persönlichen Bezug her: Als junger Lehrer von München hierher versetzt, hat er in dieser Kapelle geheiratet, seine Kinder hier taufen lassen und im Saal des angrenzenden Gasthauses zum Hochspessart gemeinsam mit BUND Naturschutz und den vier Talgemeinden 1978 die AGH gegründet um „uns gegen die Stauseepläne der Bayerischen Staatsregierung zu stemmen“. Dieser Stausee mit ca. 25 km Länge hätte sich vom Rothenbucher Forst bei Weibersbrunn bis nach Windheim erstreckt und den ganzen ökologisch wertvollen Naturraum einschließlich einiger kleiner Weiler unter sich begraben. Dann wäre heute nichts mehr sichtbar von dem, wovon Kurt Tucholsky schwärmte. „Dies ist eine alte Landschaft. Die gibt es gar nicht mehr; hier ist die Zeit stehen geblieben“, schrieb er nach seinem Besuch im Hafenlohrtal 1927. 

Später war klar, dass der Stausee nie als Trinkwasserreservoir für Frankfurt und Würzburg geeignet gewesen wäre. Das Tal wurde gerettet und stellt einen wichtigen Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen dar wie z.B. Bachforelle, Flussperlmuschel, Schachbrettfalter, Sumpf-Vergissmeinicht oder Schwarze Teufelskralle – um nur einige von 1700 Arten zu nennen. Auch der Biber fühlt sich sehr wohl und darf sich hier – anders als in dichter besiedelten Gebieten - sehr gerne als Gestalter der sumpfigen Flusslandschaft austoben. Außerdem bildet das Tal ein natürliches Regenrückhaltebecken. Weite Teile der Talaue sind im Frühjahr überflutet und helfen so, bei entsprechenden Großwetterlagen den Pegel des Mains und Rheins stabiler zu halten.

Die AGH arbeitete mit vielen ehrenamtlichen Stunden an einem neuen naturschutzkonformen Weg durch das Naturschutzgebiet, der noch dieses Jahr eröffnet werden soll und den uns Schönauer ein Stück zeigte. Die Worte Tucholsky´s werden hier erlebbar – ein Weg beginnend mit einem wunderschönen Hainbuchen-Galerie-Weg, der z.T. über Bohlen und Holzbrücken (von der AHG instandgehalten) mitten durch die reizvolle Tallandschaft verläuft, die ehemaligen Triebbäche (in denen die Spessarteichen und –buchen jahrhundertelang als Flöße abtransportiert wurden) begleitet und an den klaren Brutstellen für Bachforelle & Co. vorbeiführt.

Auch die kulturelle Bedeutung des Hafenlohrtal wurde von der AGH recherchiert und mit einem eigenen Kulturwanderweg, bestückt mit 12 Infotafeln, gewürdigt. Die Neuauflage des Büchleins „Das Wirtshaus im Spessart“ von Kurt Tucholsky durch S. Schönauer zeugt eindrucksvoll von diesem Engagement.

Nächste Station war die Bio-Schäferei Tausch in Bergrothenfels. Selina Tausch stellte zunächst sich und ihren Betrieb vor: Sie hat Schäferin gelernt und ihren Meister gemacht, sich dann von den Eltern noch Kühe gewünscht (Angus und Galoways) und von einem aufgebenden Betrieb eine Wasserbüffelherde geerbt. Neben einer Pensionspferdehaltung (20 Tiere), inzwischen 40 Kühen, 21 Wasserbüffeln sind 600 Schafe auf dem Hof bzw. auf den Weiden im Umkreis von bis zu drei Kilometern. Alle Tiere dienen der Bio-Fleischerzeugung. Vor allem die Wasserbüffel werden im Hafenlohrtal zur Landschaftspflege eingesetzt. Die Prämien hierfür sind ein wichtiges betriebliches Standbein.

Warum Wasserbüffel? Sie sind sehr robust mit einer dicken Fettschicht, haben sehr gute, sumpfresistente Klauen und sind sehr genügsam. Im Winter Heu als Futter reicht ihnen. Außerdem werden von anderen Biobetrieben 1200 Tonnen Abfallgemüse (= einwandfreies Gemüse, dass vom der Norm in Größe und Form abweicht und deshalb nicht vermarktet werden darf) pro Jahr vor allem an die Schafe verfüttert. Geschlachtet werden die Tiere in einer Metzgerei bei Wertheim; Selina zerlegt z.T. die Tiere selbst. Die Fleischvermarktung geschieht auf Anfrage in 8-kg- (Wasserbüffeln) bzw. 10-kg-Pakten nach Warteliste.

Das anschließende Mittagessen im Gasthaus zum Hochspessart mit leckerem Wildschweinbraten und Hafenlohrforellen rundete den sehr informativen und trotz Wettereskapaden erlebnisreichen Tag ab.

Text: Ingrid Schlütter-Scheller / Bilder:  Ingrid Schlütter-Scheller / Wolfgang Meyer zu Brickwedde