„Quer-Wald-ein“-Exkursion der KLB Würzburg durch den Kirchenwald „Heiligenhölzchen“ in Güntersleben
Auf den ersten Blick sieht er aus wie jeder andere Wald: Der Stiftungswald „Heiligenhölzchen“ zwischen Güntersleben und Thüngersheim. Doch wer das 22 Hektar große Waldstück betritt, der entdeckt schnell, dass hier manches anders ist. Zumal wenn man mit einem Fachmann wie dem Würzburger Stadtförster Karl-Georg Schönmüller unterwegs ist, der sich als Waldbeauftragter seit über 30 Jahren um dieses Kleinod kümmert.
So gab es auch für die Gruppe von zwölf Waldbegeisterten viel zu entdecken, die sich am 12. Juni auf Einladung der KLB Würzburg zu einer „Quer-Wald-ein“-Exkursion zusammengefunden hatte. Gut gerüstet und begleitet von einem Kameramann der Fernsehredaktion der Diözese Würzburg ging es nach der Begrüßung durch den KLB-Diözesanvorsitzenden Stefan Oppmann hinein in das „Heiligenhölzchen“.
Der Kirchenwald ist ein typisch fränkischer Wald, wie er früher einmal war. Das heißt, es gibt kaum Nadelholz, dafür viele Laubbäume und Unterholz. Da Forstmann Schönmüller und seinem Team von Ehrenamtlichen nicht nur der Erhalt dieser Waldstruktur, sondern auch die Förderung der biologischen Vielfalt am Herzen liegen, werden hier auch seltene Bäume wie Speierling, Elsbeere und Wildbirne gepflanzt. Darüber hinaus werden Bäume und Totholz kartiert. Für ihr Engagement wurde die Kirchenstiftung St. Maternus in Güntersleben, in deren Besitz sich das „Heiligenhölzchen“ befindet, 2016 mit dem Bayerischen Biodiversitätspreis des Umweltministeriums ausgezeichnet.
Erste Station der Gruppe war eine mächtige, etwa 200 bis 300 Jahre alte Eiche am Waldesrand. „Bäume sind für uns die einzige lebendige Verbindung in die Vergangenheit“, so Schönmüller. Mit ihrer ausladenden Krone und dem kurzen Stamm erinnert dieser Baum an Eichen im Mittelalter. Damals, so erzählt der 58-jährige, wurde das Vieh zur Fütterung in den Wald getrieben. „Unter Eichen wachsen die besten Schinken“ zitierte er ein lange gültiges Sprichwort, denn Schweine gedeihen besonders gut, wenn sie viele Eicheln fressen. Und so gibt es alle fünf bis sieben Jahre ein „Mastjahr“ mit besonders viel Eicheln und früher mit entsprechend üppigem Schinken.
Nach der ersten Station an der Eiche ging es quer durch den Wald. Diesen zu verjüngen, ist dem ehrenamtlich tätigen Waldbeauftragten der Kirchenstiftung ein wichtiges Anliegen. Deshalb werden etwa „kleine Lichtschächte“ angelegt, damit der Wald von unten nachwachsen kann. Denn einen Wald auf einer Kahlfläche neu anzulegen, ist nach seinen Worten „sehr schwierig“.
Auf einer Lichtung machte er Halt und las eine Passage aus der Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus vor, bevor die Teilnehmenden gefragt wurden, welche Beziehung sie zum Wald haben. Dabei wurde deutlich, dass für die meisten der Wald eine ganz besondere Bedeutung hat, sei es, weil sie selbst Waldbesitzer sind, sei es, weil sie von Kindheit an positive Erfahrungen mit dem Wald sammeln durften.
Schönmüller war es ein Anliegen, auf die Bedeutung des Waldes gerade in Zeiten des Klimawandels hinzuweisen. Holz ist der einzig nachwachsende Rohstoff und somit nach wie vor ein wichtiger Baustoff. Zudem nimmt der Wald Energie auf und kühlt sein Umfeld wie „eine kleine Klimaanlage“. In Würzburg, so der Förster, wäre es ohne Wald vier bis fünf Grad wärmer.
Dabei habe sich in den letzten Jahren gezeigt, wie gut manche Baumarten extreme Hitze und Dürre ausgehalten haben. „Das hat mich überrascht“, gestand Schönmüller. Vor allem Eichen zeigten sich ebenso wie der Feldahorn sehr widerstandsfähig. Die bis zu 150 Jahre alten Buchen im „Heiligenhölzchen“ kommen mit den geänderten klimatischen Bedingungen allerdings weniger gut zurecht, von denen etliche bereits abgestorben sind. Doch damit sind sie nicht nutzlos. Sie dienen z.B. als Nährstofflieferanten, bieten Kleintieren und Käfern Lebensraum und sind wichtig für die Entwicklung von Larven wie z.B. des sehr seltenen Hirschkäfers, der dort schon gesichtet wurde.
Auch der Waldboden wurde in Augenschein genommen. Er ist sehr steinig, aber im Gegensatz zum Acker- oder Weinbergsboden ursprünglich und unbehandelt durch den Menschen. Der Wald schützt den Boden sowohl vor Erosion als auch Austrocknung. Allerdings ist der Boden gefährdet, denn Straßenbau, Industrie und Häuser fordern einen hohen Tribut. Schönmüller erklärte, dass jeden Tag allein in Bayern die Fläche von 17 Fußballfeldern neu versiegelt wird, die somit der Natur nicht mehr zur Verfügung steht. Dazu kommt, dass wertvoller Boden wie Löß durch Wind und Wasser abgetragen wird. Wenn sich z.B. der Main nach starkem Regen braun färbt, wird Boden abgeschwemmt und versandet dann in irgendwann in der Nordsee.
Nach rund zwei Stunden Marsch durch den Wald schenkte Schönmüller an der letzten Station Wein aus. Er erinnerte daran, dass der Name der in Franken vielfach angebauten Rebsorte „Silvaner“ vom Lateinischen „silva“ ableitet, was Wald bedeutet. Zum Abschluss trug eine Teilnehmerin ein Gedicht vor, das sie bereits vorher an einer Buche im Wald rezitiert hatte. Es handelte von eben diesem Baum und seinen Bewohnern.
„Kirchen als Waldbesitzer sind dem Schutz der Schöpfung in besonderer Weise verpflichtet“, hieß es in der Einladung zu der Exkursion mit dem Titel „Artenvielfalt erleben: Alternative Forstwirtschaft im Kirchenwald Güntersleben“. Sie stellte die Biodiversität des Waldes in den Mittelpunkt, ein Thema, mit dem sich die KLB in Würzburg, aber auch deutschlandweit seit einigen Jahren intensiv auseinander setzt. Die nächsten Veranstaltungen zu diesem Themenkreis finden im September und Oktober statt und befassen sich mit Artenvielfalt auf dem Friedhof.