Die Fachtag „Der Letzte macht das Licht aus!?“ befasste sich mit Kriterien, damit eine außerfamiliäre Hofübergabe gelingt.
„Wir hoffen, mit dieser Veranstaltung Mut gemacht zu haben, auch über die Möglichkeit einer außerfamiliären Hofübergabe nachzudenken. Denn aus unserer Erfahrung wäre das oftmals nicht die schlechteste Lösung“, erklärte Wolfgang Scharl, Leiter der Ländlichen Familienberatung (LFB), am Samstag, 18. November, im Burkardushaus in Würzburg. 20 Frauen und Männer, unter ihnen Fachleute der LFB, aber auch interessierte potenzielle Übernehmer*innen und Übergeber*innen, informierten sich über die Bedingungen und Möglichkeiten einer außerfamiliären Hofübergabe und diskutierten Faktoren, die zu einem Gelingen des Prozesses beitragen können.
Der KLB liegt dieses Thema am Herzen, weil es immer mehr Höfe gibt, bei denen die Nachfolge unsicher oder völlig offen ist (in Deutschland sind es nach einer aktuellen Erhebung 63 Prozent). Oftmals wird dabei die Möglichkeit einer außerfamiliären Übergabe nicht oder zu spät in Erwägung gezogen, obwohl es auf der anderen Seite Interessenten für eine Übernahme gibt. Immerhin 18 Prozent der Betriebe könnten sich vorstellen, diese Art der Hofnachfolge in Erwägung zu ziehen.
Isidor Schelle (Bild rechts), langjährig in der Beratung beim Bayerischen Bauernverband tätig, befasste sich in seinen Vortrag mit rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine Hofübergabe. Er riet, sich frühzeitig Gedanken über die Nachfolge zu machen und diese selbst zu regeln, da die schlechteste Variante die gesetzliche Erbfolgeregelung sei. Es sei wichtig, so Schelle, die Aspekte des Betriebs, der Familie und des Eigentums klar voneinander zu trennen. Dabei gelte es vor allem, auf seine eigenen Emotionen zu achten und Entscheidungen „von innen nach außen“ zu treffen.
Marco Schonunger von der BBV-Steuerberatung wies in seinem Vortrag ebenfalls darauf hin, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit dem Thema auseinander zu setzen und sich wegen der komplexen Materie Beratung zu holen. Er stellte verschiedenen Möglichkeiten einer Übergabe von einer Schenkung über einen Verkauf oder eine Verpachtung bis hin zur Gründung einer Stiftung mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen aus steuerlicher Sicht vor.
„Wichtig, sich Zeit zu nehmen und die anderen zu verstehen“
image003Nach der Mittagspause berichtete Angelika Haaf von der LFB Würzburg von ihren Erfahrungen aus vielen Jahren Beratung. Wichtig sei es, viel und offen mit allen Beteiligten zu kommunizieren. Auch hier sei es oft hilfreich, sich Beratung und Hilfe von außen zu holen. „Setzen Sie sich damit auseinander, was für Sie auf keinen Fall verhandelbar ist und wo Sie bereit sind, Abstriche zu machen“, empfahl Haaf. Meist seien es ganz banale Dinge, die im Vorfeld nicht geklärt würden und später in die Krise führten. Bei einer außerfamiliären Übergabe sieht sie unter anderem den Vorteil, dass es eine größere emotionale Distanz gibt, die hilft, die Sachfragen klarer zu regeln.
Petra Sollmann als Übernehmerin und Leonhard Merkenschlager als Übergeber des Schluckerhofes bei Thalmässing (Mittelfranken) berichteten von ihrer erfolgreichen Hofübergabe, die inzwischen mehr als zehn Jahre zurück liegt. Besonders wichtig war den beiden, dass einerseits Übergeber Neues auf dem Hof zulassen. Andererseits sollte die Übernehmer sich bemühen, sich in den anderen hineinzuversetzen und Rücksicht auf dessen Lebenswerk zu nehmen. Der Schluckerhof hat sich seit der Übernahme gut weiter entwickelt und ist immer noch ein Stück geprägt vom früheren Hofinhaber, der z.B. schon mit der Direktvermarktung begonnen hatte.
Haupthindernisse: Fehlende Ziele und zu wenig Kommunikation
Fehlende Zielvorstellungen und zu wenig Kommunikation wurden in der abschließenden Diskussion als Haupthindernisse für eine gute Lösung genannt. Auf Seiten der Übergeber macht man sich nach Einschätzung von Isidor Schelle zu häufig Gedanken über die meist irrige Annahme, dass es von der Dorfgemeinschaft als „Abstieg“ gesehen werde, wenn man die Familientradition nicht fortsetzt. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei, zwischen Übergeber und Übernehmer auch offen mit den wirtschaftlichen Zahlen umzugehen. Als allgemeines Problem wurden schließlich noch sich ständig und in kurzen Abständen ändernden politischen Vorgaben für die Landwirtschaft genannt. So sei keine mittelfristige Investitionsplanung möglich, so ein Teilnehmer.
Wolfgang Scharl zog am Ende ein positives Fazit: „Es ist uns gelungen, mit den Interessierten an der Thematik in einen guten Austausch zu kommen und auf einer breiten Basis Informationen zur Verfügung zu stellen.“ - Die Fachtag mit dem Titel: „Der Letzte macht das Licht aus!?“ organisierte das Landesbildungswerk der KLB in Bayern e.V. in Kooperation mit dem Land & Leute Bildungswerk der KLB Würzburg, der LFB Würzburg und dem Lernwerk Volkersberg - Katholische Landvolkshochschule der Diözese Würzburg.
Einen Beitrag über den Schluckerhof findet man auch in der BR-Mediathek unter http://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/unser-land/unser-land-bauer-gesucht-24-juni-2022-100.html
Text und Bild: Martin Wagner