Die Ländliche Familienberatung in der Diözese Würzburg besteht seit 25 Jahren
Allen Grund zum Feiern hatte am Samstag, 1. Juli, die Ländliche Familienberatung (LFB) in der Diözese Würzburg. Denn exakt 25 Jahre zuvor ist die Einrichtung in Münsterschwarzach ins Leben gerufen worden. Dabei ist die Arbeit der 14 Beraterinnen und Berater heute wichtiger denn je. „Im ersten Halbjahr 2023 haben wir mehr neue Beratungsfälle als sonst in einem ganzen Jahr“, erklärte der Leiter der LFB, Wolfgang Scharl. Neben Themen wie Hofübergabe, Verschuldung oder Generationenkonflikte werden in der letzten Zeit zunehmend auch Überforderung, Stress und Hoffnungslosigkeit in der Beratung angesprochen. Zudem machen fehlende Wertschätzung und der wachsende Berg an Vorschriften Landwirten, Winzern und Gärtnern zu schaffen.
Doch bei dem Festakt im Würzburger Exerzitienhaus Himmelspforten standen nicht die Sorgen und Probleme der Klienten im Mittelpunkt, sondern der Dank an diejenigen, die sich seit 25 Jahren als Beraterinnen und Berater für Leute auf dem Land einsetzen. Hartmut Schneider sprach denn auch vom „Reichtum an Menschen, die sich für die gute Sache engagieren“. Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der landwirtschaftlichen Beratungsstellen moderierte sehr unterhaltsam die „Timeline“, die nochmals alle ehemaligen und derzeit aktiven Beraterinnen und Berater in den Blick nahm.
Ganz am Anfang der Zeitleiste standen die Ehrenamtlichen Hans Ebert, Otto Kram und Albin Neckermann. Mit im Boot waren 1998 auch der damalige KLB-Referent Karl Zehnder sowie Wolfgang Scharl. Er war damals Landjugendseelsorger und übernahm die Leitung der neuen Einrichtung, die er bis heute inne hat. Wichtig war darüber hinaus Fritz Koder aus Bamberg, der dort bereits fünf Jahre zuvor eine Beratung für Menschen aus der Landwirtschaft etabliert hatte und quasi als „Geburtshelfer“ fungierte.
Gerade in den Gründerjahren gab es auch Probleme, die handfest gelöst werden mussten. So berichtete Hans Ebert, wie das Beraterteam für eine völlig mittellose Familie eine fette Sau geschlachtet hat, damit diese etwas zu essen auf dem Teller hatte. Im Laufe der Jahre kamen dann immer mehr Beraterinnen und Berater hinzu, die Aus- und Fortbildungen wurden professionalisiert und Supervision durch ausgebildete Psychologen eingeführt.
Der Theologe und Psychologe Erhard Scholl betonte, wie wichtig es ist, wenn Menschen ihre Belastungen in fachkundigem Kontext einer Beratung aussprechen können. Der erste Schritt, so der langjährige Supervisor der LFB, besteht darin, über die eigenen Verletzungen zu sprechen. Erst dann sei man offen für die Situation des Anderen. Die wirtschaftliche Lage werde dadurch zwar nicht verändert, aber im „wohlwollenden gegenseitigen Kontakt“ seien die Probleme eher lösbar und könnten neue Perspektiven leichter entwickelt werden. „Die LFB ist heute wichtiger denn je“, sagte Scholl unter dem Beifall des rund 90köpfigen Publikums.
Neben zwei hauptamtlichen sind es heute zwölf ehrenamtliche Beraterinnen und Berater, drei befinden sich in Ausbildung. Pro Jahr werden Gespräche mit rund 60 bis 100 Menschen aus Landwirtschaft, Wein- und Gartenbau geführt. Die Begleitung des Beraterteams selbst erfolgt im persönlichem Kontakt sowie in jährlich sechs Supervisionsabenden, drei Mitarbeitertreffen und zwei ein- oder mehrtägigen Fortbildungen. Neu ist zudem ein seit Januar 2023 eingeführter Gesprächskreis für Betroffene, der sich einmal im Monat trifft.
Das biblische Wort vom „Leben in Fülle“ bezeichnete Scharl als „zentral für die Beratungstätigkeit.“ Es gelte, „Augenblicke der Hoffnung und des Durchatmens zu schaffen“, sagte er beim Gottesdienst, den er gemeinsam mit Domkapitular Albin Krämer und Prädikant Hartmut Schneider feierte. Es gehe darum, mehr Weite in das Leben der Klienten zu bringen sowie Enge und Ängste zu überwinden, um dadurch „Möglichkeitsräume zu eröffnen“. Albin Krämer dankte den aktiven Beratern auch im Namen von Bischof Franz Jung. Gemeinsam mit Lucia Lang-Rachor, Leiterin der Abteilung Erwachsenenpastoral, überreichte er Dankurkunden an die zwölf Männer und Frauen.
Am Ende des Festakts gab es als Zeichen des Danks Blumen und Sekt. Besonders gewürdigt wurden Ines Böhm-Friese und Albin Neckermann. Böhm-Friese hat das Amt der Sprecherin für das Beraterteam nach langen Jahren der Tätigkeit an ihren männlichen Kollegen weiter gegeben. Den Schlussakkord setze jedoch das aktuelle Beraterteam selbst mit dem umjubelten Song „Berater sind wichtig“. Erst nach einer Zugabe durften sich alle zum Festbankett verabschieden.
Die Ländliche Familienberatung für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau in der Diözese Würzburg (LFB) wird getragen von der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) und Katholischen Landvolkbewegung (KLB). Finanziert wird die Einrichtung durch die Diözese Würzburg und das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Der Gottesdienst und der Festakt zum 25jährigen Bestehen der LFB war eingebettet in die Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Familie und Betrieb zum Thema „Die Situation von Frauen in der Landwirtschaft“. Sie ist ein bundesweiter Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Familienberatungen und Sorgentelefonen, dem auch die LFB Würzburg angehört.